Die IAV-Koordination tagte am 9. und 10. September in Paris.
Sie begrüßte, dass bis zu diesem Tag 603 Kämpfer der anti-imperialistischen und Arbeiterbewegung aus 55 Ländern den Aufruf zur 9. Offenen Weltkonferenz (OWK) gegen Krieg und Ausbeutung, die am kommenden 8.-10. Dezember in Algier stattfinden wird, unterzeichnet haben.
Das Echo, welches der Aufruf bei engagierten Kollegen findet, die wichtige politische oder gewerkschaftliche Positionen in der anti-imperialistischen und Arbeiterbewegung einnehmen und direkt an Widerstandskämpfen teilnehmen, ist auf seine Weise auch Ausdruck der schwierigen aktuellen Situation in allen Ländern, sowie der Einheitlichkeit der Probleme.
Auf allen Kontinenten erleben wir eine beispiellose und umfassende Offensive zur Zerstörung der demokratischen und Arbeitererrungenschaften, ja sogar zur Auflösung der Nationalstaaten selbst, finden Kriege statt und droht ihre weltweite Ausbreitung, wie es Trumps Drohungen in den letzten Wochen gegen Venezuela und Nordkorea bezeugen.
Der 9. OWK wird deshalb eine besondere Bedeutung zukommen, weil die auf allen Kontinenten begonnenen Widerstandskämpfe mehr denn je die Diskussion erfordern, um die erste Bilanzen zu ziehen, unsere Erfahrungen auszutauschen, über die Mittel und Wege zu sprechen, wie wir die Hindernisse, auf die wir stoßen, überwinden können. Und wie wir diese Diskussionen zusammenfassen können, um den Arbeitnehmern und Völkern zu helfen – ohne zu beanspruchen, dass wir irgendeine Partei, Gewerkschaft, Gruppierung oder welche Organisation auch immer ersetzen oder mit ihnen konkurrieren wollen: das ist der Rahmen, der im Aufruf zur 9. OWK festgelegt wurde.
Die IAV-Koordination hat eine Bestandsaufnahme der Situation gemacht. Das betrifft in erster Linie die Offensive gegen die venezolanische Nation, die schon unter einer einschneidenden Wirtschaftsblockade leidet und der jetzt eine militärische Intervention droht. Die hinter Trump und den USA versammelte imperialistische Koalition will nicht akzeptieren, dass das venezolanische Volk, das mit der Abstimmung von über acht Millionen Stimmen für eine Verfassunggebende Versammlung selbst über seine Zukunft entscheidet, seine Souveränität und sozialen Errungenschaften sowie die Verteilung der Ölgewinne an die Bevölkerung verteidigt.
Über Venezuela hinaus stehen alle Länder Lateinamerikas im Visier. An erster Stelle wird in Brasilien der Putschpräsident Temer von Trump und den Finanzmärkten unterstützt. Er, der den Boden unter den Füßen verliert, unterstützt Trumps Aggressionspolitik gegen die venezolanische Nation, während er selbst seine Antireformen konsequent durchziehen, das Arbeitsrecht und die Renten liquidieren und die Privatisierungen auf allen Gebieten durchführen will. Die IAV-Koordination begrüßt den Widerstand der brasilianischen Arbeiterbewegung, die den Kampf für die Rücknahme dieser mörderischen Pläne und für den Sturz von Temer aufgenommen hat.
Diese Offensive, die überall im Namen der „Senkung der Kosten der Arbeit“ vorangetrieben wird, will Schluss machen mit den Errungenschaften, die in jahrzehntelangen Klassenkämpfen erobert wurden. Der jüngste Angriff ist der Versuch der französischen Regierung, das Arbeitsrecht zu zerschlagen, im Rahmen der gleichen Orientierung, wie sie von der Europäischen Union gefordert wird, ob in Deutschland, Großbritannien, im Spanischen Staat, in Rumänien, Ungarn, Polen, Bulgarien… mit allen dramatischen Folgen.
In Afrika breitet sich die Schockwelle nach der imperialistischen Aggression in Libyen immer weiter aus und erreicht und bedroht gegenwärtig ganz Afrika unterhalb der Sahara, wo die Staaten schlicht und einfach zu verschwinden drohen, während die imperialistischen Interventionen kein anderes Ziel verfolgen, als die Plünderung der Reichtümer durch immer mehr ausländische Militärbasen abzusichern. Der IWF will die Völker neuen Anpassungsprogrammen unterwerfen und zu einer Politik mit barbarischen Folgen verurteilen. Der Widerstand der Jugend, der Arbeiterklasse und der Völker zeigt sich in Streiks und Demonstrationen. Im Nahen Osten lässt der Widerstand des palästinensischen Volkes nicht nach, trotz aller Hindernisse, der brutalen Repression und des allgemeinen Chaos in der ganzen Region.
Wir denken, dass die 9. Offene Weltkonferenz eine entscheidende Stütze sein kann, um den Arbeitnehmern und Völkern zu helfen, die diese reaktionäre Politik ablehnen, bekämpfen und sich mobilisieren. Das umso mehr, als die Völker überall mit brutalen Angriffen und Bedrohung ihrer Rechte und Errungenschaften konfrontiert werden (besonders durch immer mehr prekäre Verhältnisse und Verarmung der Gesellschaft, und durch direkte oder schleichende Infragestellung des Streikrechts). Die Angriffe werden oft genug mit Zustimmung derer vorgetragen, die eigentlich die Interessen der Arbeitnehmer und Völker vertreten sollen.
Die Probleme und Schwierigkeiten bei diesem Widerstand kommen in den Reihen der demokratischen und Arbeiterorganisationen selbst zum Ausdruck, was manchmal so weit geht, dass Krisen, Zusammenbruch, Zersplitterung von Organisationen, Parteien oder Gewerkschaften provoziert werden, auf die die Arbeitnehmer und Völker traditionell vertraut haben.
Das sind Situationen, die ohne organisierte Stützpunkte trotz großer Mobilisierungen zu den schlimmsten Abenteuern der Zersplitterung oder zu „Lösungen“, die in finsterer Erinnerung sind, führen können, indem sie die Bahn freigeben für Korporatismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus… wie es schon die Schreckensbilder von Massakern und Millionen Flüchtlingen, die dem Meer ausgeliefert werden, bezeugen.
Wir sind davon überzeugt, dass die Unabhängigkeit der Arbeiterbewegung von den Unternehmern, Staaten und internationalen Institutionen, d.h. ihr eigenes Handeln und eigene Organisierung, der Schlüssel ist zur Lösung für die Arbeitnehmer, Völker und Nationen.
In diesem Rahmen machen wir euch den Vorschlag, auf der 9. OWK über die Mittel und Wege für die Organisierung der Verteidigung und Rückeroberung der Rechte und Errungenschaften der ArbeitnehmerInnen und der Jugend, wie sie im Arbeitsrecht verankert sind, zu diskutieren; das Recht auf Zugang zur Gesundheitsversorgung, der die Zerstörung droht; über den Kampf gegen die Privatisierungen, über die Verteidigung der demokratischen Freiheiten zu diskutieren und über die Verteidigung der Souveränität der Völker und Nationen und deren Selbstbestimmungsrecht.
Wie können wir es schaffen, – über die legitimen Differenzen oder Meinungsverschiedenheiten hinweg, angesichts unterschiedlicher Sichtweisen, von jeweils spezifischen Bedingungen, eigenen erlebten Erfahrungen sowie schon existierender Gruppierungen –, uns zusammenzuschließen und für den Widerstand, für den Aufbau oder Wiederaufbau zu vereinen. Ohne dass irgendjemand meint, er kenne die einzige Lösung oder Wahrheit, die nur noch in die Praxis umgesetzt werden müsse… und in völliger Meinungsfreiheit.
Das gilt umso mehr, als überall in der Welt sämtliche Regierungen äußerst geschwächt sind, wie es viele Wahlergebnisse zeigen, bei denen Enthaltungen und Nichtwähler vorherrschen. Und wie bei anderen Fällen, in denen die Stimmabgabe genutzt wird, um die Regierungen und deren Parteien klar abzustrafen.
Wir rufen euch auf, Delegationen aus jedem Land zur 9. OWK gegen Krieg und Ausbeutung zu bilden und zu verstärken. Dadurch praktizieren wir unsere historische Devise:
„Die Befreiung der Arbeiter kann nur das Werk der Arbeiter selber sein.“