TÜRKEI: Eine schwierige Situation

Ein Gewerkschafter

Frage: Wie sieht die Lage in der Türkei heute aus? Welche Kämpfe führt deine Organisation?

Antwort: Ich bin Sekretär einer Gewerkschaft. Die Situation für den Vorstand meiner Organisation spricht für sich. Die meisten seiner Mitglieder können nicht mehr reisen, weil ihre Pässe eingezogen wurden. Einige wurden entlassen. Einer von ihnen war drei Monate im Gefängnis.

Fünf Tage nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 wurde am 20. Juli der Ausnahmezustand verhängt. Danach hat die Regierung viele Gesetzesdekrete beschlossen. Diese führten dazu, dass 112.000 Menschen verhaftet, über 200 Journalisten und fast 3.000 Politiker ins Gefängnis geworfen wurden.

Diese Situation macht die Türkei zu einem Land, in dem es sehr schwer ist, für die Verteidigung der Arbeiterrechte zu kämpfen. Es ist nicht einmal mehr möglich, die demokratischen Grundrechte zu verteidigen.

36.000 Beschäftigte im Bildungswesen wurden entlassen, also mehr als aus der Armee.

Von Anfang an helfen wir ihnen finanziell und juristisch v.a. durch das Hinzuziehen von Anwälten. Am 11. Januar 2016 wurde ein Friedensappell von 1.128 Akademikern unterzeichnet, von denen einige weltweit berühmt sind. Die von der Regierung kontrollierten Massenmedien haben die Unterzeichner brutal angegriffen. 410 Akademiker wurden entlassen.

Der Staatsanwalt von Istanbul hat gegen diese Universitätsprofessoren Prozesse mit der Anklage eröffnet, eine Terrorgruppe zu unterstützen.

Die Prozesse haben am 5. Dezember 2017 begonnen. Eine Protestkundgebung mit vielen Professoren, Politikern, Gewerkschaftern, darunter auch Franzosen, wurde organisiert.

Diese Prozesse sind ein Angriff auf die Grundrechte, besonders die Gedanken- und Meinungsfreiheit. Denn die Universität ist einer der geschützten Orte für den kritischen Geist.

Frage: Was erwartest Du von der OWK, und welchen Eindruck hast Du bisher von ihr?

Antwort:  Die Gewerkschaften nehmen an vielen offiziellen Konferenzen in der Welt teil, um ihre Pflicht zu erfüllen. Die Offene Weltkonferenz bietet einen anderen Rahmen. Sie bietet allen kämpferischen Kollegen die Möglichkeit des Meinungsaustausches und empfängt nicht nur die Gewerkschaftsführer.

Die OWK ist eine Konferenz mit einer mehr politischen und praktischeren Dimension. Sie reiht sich in den anti-imperialistischen Kampf ein. Sie stellt meines Erachtens eine Kraft dar. Sie gibt uns die Chance, Kollegen aus anderen Bereichen und Ländern zu treffen, was auf den offiziellen Konferenzen nicht möglich ist. Das stärkt die Arbeiterbewegung.