POI – Unabhängige Arbeiterpartei Frankreichs — Für den Sozialismus, die Republik und die Demokratie Erklärung des Nationalen Büros der POI
Einerseits gesteht er selbst vor den Journalisten der präsidentenfreundlichen Presse am 13. Februar, dass er nur an die Macht gekommen ist, weil er vom großen Kehraus bei den letzten Wahlen profitiert hat, in denen die institutionellen Parteien hinweggefegt wurden. Das Ergebnis: Nie zuvor hat sich eine Regierung in der V. Republik auf eine so schmale Wählerbasis gestützt; diese schrumpft weiter von einer Umfrage und Teilwahl zur anderen.
Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien… Alle Länder der Europäischen Union wurden in eine beispiellose chronische politische Instabilität gestürzt. Und nun droht eine neue Finanzkrise, wie sich in den ersten Einbrüchen der Aktienkurse zeigt. Wie in Frankreich werden diejenigen Parteien, die in diesen Ländern seit Jahrzehnten die Nachhaltigkeit der Institutionen sicherstellten, durch die legitime Ablehnung ihrer traditionellen Wählerbasis atomisiert. (…) Die nach dem Weltkrieg entstandene politische Landschaft zerfällt auf dem gesamten Kontinent, ohne dass jemand weiß, was an ihre Stelle treten wird.
In Frankreich (…) ist Macrons Bewegung »La République en marche« (LREM) nur ein zerbrechlicher Haufen von Karrieristen ohne politische Erfahrung und von zweitrangigen Persönlichkeiten, die sich aus den alten Parteien hinübergerettet haben.
Und doch beschleunigt Macron andererseits in den letzten Tagen den Rhythmus der Antireformen! Er maßt sich an, mit zehnfacher Wucht das Programm durchzuführen, das seine Vorgänger nicht umsetzen konnten, obwohl er seinen Platz nur ihrer Wahlniederlage verdankt!
(Hier nur eine Auswahl der Ankündigungen, d. Red.)
- Ankündigung eines „Plans für freiwilliges Ausscheiden“, mit dem 120.000 Stellen im gesamten öffentlichen Dienst gestrichen werden sollen, das Dienstrecht geschliffen und ganze Teile der Verwaltungen und im öffentlichen Dienst aufgelöst werden sollen. (…);
- Ankündigung der Berufsbildungsreform, welche die Berufsausbildung der Jugend (zur Zeit vollständig in Schulen, d.Üb.) an die Arbeitgeber verlagert;
- Ankündigung eines Gesamtplans, der das Ausbluten der öffentlichen Krankenhäuser vollendet und das ganze Gesundheitswesen umwälzen soll, das auf dem 1945 eroberten sozialen Sicherungssystem aufbaut. (…);
- (…) Liquidierung des Pensionsgesetzes;
- Außerdem Ankündigung einer Erhöhung des Militärhaushalts um 25% bis zum Ende der fünfjährigen Regierungszeit. (…)
Die Arbeitnehmer sind entgeistert angesichts dieses Durchmarsches, über diese Pläne, von denen einer zerstörerischer ist als der andere, an die sich keine andere Regierung, obwohl sie eine viel stärkere Basis hatte, herangetraut hat. Wie ist das zu erklären?
Seit Monaten wird jede Ankündigung solcher Antireformen begleitet von Treffen der Sozialpartner. Sie veranstalten eine Karikatur von Verhandlungen, mit denen diese Regierung den Führungen der Organisationen, die sich auf die Arbeiterbewegung berufen, hilft, ihr Gesicht zu wahren oder ihnen die Möglichkeit gibt, hinter wohlklingenden und nichtssagenden Erklärungen ihre Einbindung in die Regierungspolitik zu kaschieren. Kann man so Macron blockieren und das Chaos verhindern? Aber das Chaos, es ist da! Und es ist Macron und seine Regierung, die es vorantreiben, einschließlich mit der angekündigten Unterdrückung von Zigtausenden Gewerkschaftsdelegierten, die sich für die Verteidigung der Arbeitnehmer einsetzen.
Das Chaos steckt in diesen Mega-Plänen für Arbeitsplatzvernichtung, die jede Woche in den Banken, im Handel, in der Industrie angekündigt werden … Es breitet sich aus im öffentlichen Dienst, in den Krankenhäusern, in den kaputtgesparten Altersheimen, die nur noch dank der Hingabe ihres erschöpften Personals funktionieren, das revoltiert, weil man es an der korrekten Berufsausübung hindert (…).
Dem Land, seiner gesamten sozialen Architektur und seinen produktiven Grundlagen, droht der vollständige Zusammenbruch durch die Politik dieser Regierung, einer Regierung im Dienste des Finanzkapitals und dessen parasitären Forderungen, dass alles, was nicht gewinnbringend ist, alles was die Freiheit der Ausbeutung behindert, verschwinden muss.
Die Zukunft und sogar das Überleben der großen Mehrheit der Menschen in Stadt und Land hängen von dem Bruch mit diesen Anforderungen ab. Die gesamte Situation ruft nach der Verwirklichung dieses Bruchs und macht ihn möglich.
Die Wut wird immer größer sowohl im direkten Klassenkampf, wie man es zuletzt beim Streik in den Altenheimen (Ehpad) und der Gefängniswärter sehen konnte, und wie es auch die vor kurzem veröffentlichten Aufrufe zeigen:
- Aufruf zum Streik im öffentlichen Dienst am 22. März (Gewerkschaften CGT, FO, FSU, Solidaires, CFTC, CGC et FAFP) ;
- dem Aufruf haben sich die Kollegen der SNCF mit einer nationalen Demonstration der Eisenbahner angeschlossen;
- neuer Aufruf der vereinten Gewerkschaften im Bildungswesen (CGT, FO, FSU, SUD, Unef, UNL) für Vollversammlungen und Streik am 22. März (in den letzten Tagen gab es Vollversammlungen von 1000 Studenten in Toulouse-Le Mirail, und 900 in Montpellier);
- 10 Gewerkschaften bei Air France (Piloten, Bodenpersonal), mit Ausnahme der CFDT, haben zum Streik am 22. Februar aufgerufen;
- – Aufruf in den Altenheimen / Ehpad zum 15. März; (…).
Die Wut wächst bei den lokalen Mandatsträgern aller Richtungen und gerade auch bei den Bauern.
In den Gewerkschaften zeigt sich die Kampfbereitschaft gegen die Anpassung an die Politik dieser Regierung, die alle Errungenschaften von 1936 und 1945 auslöschen will. Die kämpferischen Kollegen auf allen Ebenen suchen nach Mitteln und Wegen für den Kampf gegen diese Regierung, der den beispiellosen Angriffen gewachsen ist, wie es die Vorbereitung von Streiks und Demonstrationen im öffentlichen Dienst am 22. März beweist.. (…)
Die neue Situation ist einmalig. Die institutionellen Parteien der Linken wie Rechten zerfallen und brechen zusammen; ihre Führungen tragen die volle Verantwortung für die Regierungsübernahme durch Macron. Aus der Sicht der Arbeitnehmer muss auf politischer Ebene alles neu aufgebaut werden. Niemand kann für sich beanspruchen, allein die Lösung zu haben. Die POI will ihren Beitrag leisten, gemeinsam mit den kämpferischen Kollegen aller Strömungen der Arbeiterbewegung, mit den Mandatsträgern usw. und den Arbeitern, an deren Seite sie kämpft, Antworten auf die alten Fragen zu entwickeln, vor denen die Arbeiterklasse steht und die heute in neuen Formen wieder auftauchen.* Die Diskussion in aller Freiheit ist notwendig (…) um die politische Vertretung aufzubauen, die den Arbeitnehmer und Jugendlichen helfen wird, diese alte Welt zu besiegen, welche die Menschheit in Rückschritt und Barbarei stürzt. Und als ersten Schritt dazu: Blockade der zerstörerischen Offensive, die an allen Fronten von der Regierung Macron-Philippe gestartet wird! (…)
Paris, 17. Februar 2018
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*Die POI unterstützt vor allem die Komitees für den Widerstand und die Rückeroberung (der Errungenschaften), die für den politischen Austausch zwischen Kollegen aller Strömungen gegründet werden. (d. Red.)