die sich an den Aktivitäten der IAV beteiligen: Cheikh Diop, Generalsekretär des Nationalen Gewerkschaftsbundes der Arbeiter Senegals (CNTS/FC), Élimane Diouf, vom Bund der autonomen Gewerkschaften (CSA) Mamadou Dramé, vom Bund der demokratischen Gewerkschaften Senegals (USDS)
Vor kurzem wurden Öl- und Kohlenwasserstoffvorkommen entdeckt. Was bedeutet das für die Wirtschaft und die Gesellschaft in Senegal?
Mamadou Dramé: Darunter wird das Volk leiden. Wenn sich Senegal bei den Großkonzernen noch vor der Ölförderung verschuldet, wird das Volk bezahlen müssen, mit unseren Steuern wird bezahlt. Der Ölverbrauch in Afrika wird sich verdreifachen oder sogar vervierfachen. Das ist ein System, das uns mit Vorbedacht verarmt. Die Konzerne schwimmen in Gewinnen, die aber nicht reinvestiert werden: das ist das Problem. Ein anderer Aspekt, wo sind unsere Experten, die in den Hochschulen für Ölförderung ausgebildet wurden? Die gibt es nicht, man muss im Ausland ausgebildete Experten suchen. Das sind die Realitäten des IWF und der Weltbank, so sieht die Strukturanpassung aus.
Cheikh Diop: Die Ölwirtschaft erlebt eine neue Situation. Senegal wird zum Produzenten aufsteigen. Für Gas werden wir der fünftgrößte Produzent werden, und für Öl nicht weit dahinter. Senegal ist auf einem Weg, der gesteuert werden muss, um zu vermeiden, was anderswo passiert ist. Unser Gewerkschaftsbund darf bei den Fragen der Ölindustrie nicht übergangen werden. Was für das Öl gilt, gilt auch für den Bergbau, das Gold. Hier sind wir dabei, die Arbeiterbewegung im ganzen Bergbau zu organisieren. An den Goldfundstätten kontrollieren wir die informelle Arbeit, d.h. die Goldwäscher. Wir haben einen Goldwäscherverband mit fast tausend Mitgliedern, verbunden mit unserem Gewerkschaftsbund.
Élimane Diouf: Heute gibt es in Tambacounda, in Kédougou, das Gold und Bergbau. Ich war selbst in Kédougou: die Arbeiter eines kanadischen Multis wollen sich gewerkschaftlich organisieren, können es aber nicht. Selbst die Präfektenbehörde hat keinen Zutritt zu diesem Unternehmen, das wie eine Botschaft strukturiert ist. Wir wollten bei den Delegiertenwahlen dabei sein. Sie haben gesagt, sie würden Urnen in den Eingang stellen, damit der Durchgang versperrt wird.
Kannst Du uns nochmal etwas über die letzten Streiks sagen, besonders im Gesundheits- und Bildungswesen?
Cheikh Diop: Im Gesundheits- und Bildungswesen gibt es über zehn Jahre alte Tarifverträge. Wenn die Bewegung sich mobilisiert, unterschreibt der Staat zur Beruhigung der Bewegung Tarifverträge, in dem Wissen, dass er sie nicht erfüllen kann. Auch die vom IWF und der Weltbank betriebene und aufgezwungene Politik hat verheerende Folgen gehabt: Es wurden Betriebe geschlossen und die Arbeiter gefeuert, die dann vor Gericht gehen, weil ihre Rechte missachtet wurden.
Élimane Diouf: Im Jahr 2017-2018 kamen alle Forderungen in allen Bereichen unseres Landes auf die Tagesordnung. 2016-2017 sagten die Kollegen: Es gibt die Gehaltsfragen, es gibt die Tarifverträge im Bildungswesen von 2014 für bestimmte Fragen (1), die mit den Beförderungsmöglichkeiten, den Einstellungsverträgen und den davor blockierten Mietzuschüssen zusammenhängen. Und v.a. geht es um die zentrale Frage im öffentlichen Dienst, die den Wirrwarr der Bezahlung der Beschäftigten betrifft. Im Bildungswesen gibt es Kollegen mit Angestelltenverträgen, die fünf Jahre darauf warten müssen, dass ihr Verwaltungsvorgang sie zu Beamten erklärt. Ihr wisst, wie entscheidend das für jemanden ist: Ihr habt eine prekäre Stelle, wenn ihr jedoch Beamter werdet, wird die Sozial- und Krankenversicherung usw. übernommen, ihr könnt jedes Jahr befördert werden usw. (…)
Baïdy Mar † : Die Lehrer fordern keine Gehaltserhöhung, sondern die Korrektur der Ungleichheiten, die bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes festgestellt wurden. Denn ein Lehrer muss genauso behandelt werden wie ein anderer Bediensteter in einem anderen Bereich. Jeder Lehrer von der Vorschule bis zur Oberstufe erhält einen Mietzuschuss von monatlich 60.000 Franc CFA (2). Gleichzeitig erhalten andere Beamte z.B. in der Justiz über 200.000 (3). Mit 60.000 kannst Du nicht einmal ein Zimmer finden, und dabei weiß man, dass 90% der Arbeit eines Lehrers mit Unterrichts-Vorbereitungen und Heft-Korrekturen zuhause geleistet wird.
Wie schätzt ihr die politische Situation wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl ein?
Élimane Diouf: Alle Experten meinten, dass die Verurteilung von Khalifa Sall eine politische Abrechnung war, und ich denke, dass sie nicht völlig unrecht haben. Unsere Justiz ist an solchen Abrechnungen beteiligt. Viele Experten meinen, es wäre nicht passiert, wenn Khalifa Sall noch im Präsidentengefolge gewesen wäre (4).
Mamadou Dramé: Jedes Mal, wenn man zu einer Beratung geht, sind die Bedingungen geändert. Das schafft Probleme unter den Oppositionsparteien. Deshalb sagen heute einige sogar, dass unsere Demokratie infrage gestellt wird. Diese Frage stellt sich, wenn man weiß, dass die Beteiligten für die gleiche Sache gekämpft haben, die die Regierung Wade damals zum Rücktritt gezwungen hat.
Cheikh Diop: Auf nationaler Ebene haben wir im Senegal leider ein Projekt für die Wahlen versäumt (5). Man hätte sich durchsetzen müssen, damit die sozialen Kräfte im Parlament vertreten sind, jedoch als unabhängige Kraft. Man hätte sich durchsetzen und in die Organisation einmischen müssen. Aber man hätte auch den Kern für eine Arbeiterpartei gründen müssen, denn ich meinerseits denke, das wie diesen Weg gehen müssen. Für den Aufbau von nationalen Arbeiterparteien.
Eine Frage zum Schluss: Welche Rolle kann die IAV spielen?
Élimane Diouf: Neben dem CNTS/FC, dem CSA, dem USDS, gibt es noch andere Gewerkschaften, und wir müssen ein Organigramm aufstellen für eine Organisationsstruktur. Das Ziel könnte letztlich vielleicht sein, sie zur Fusion in einer großen Organisation zu bringen, die eine reale Gegenmacht gegen die Hegemonie der CNTS (6) bilden könnte. Wir müssen die IAV-Koordination stärken, um die Arbeiterrechte zu stärken.
Cheikh Diop: Die Idee der 9. Offenen Weltkonferenz, die in Algier stattgefunden hat, ist sehr gut. Was Lula in Brasilien geschieht, im Zusammenhang mit der Ausschaltung von führenden Arbeitervertretern, ist äußerst gefährlich. Wir dürfen das nicht zulassen. Wir müssen darauf hinarbeiten, uns national wie international durchzusetzen. Ich hoffe meinerseits, dass ich zur Wiedervereinigung der senegalesischen Gewerkschaftsbewegung beitragen kann, und danach zum Aufbau einer starken Arbeiterpartei.
Mamadou Dramé: Die IAV ist zur Realität geworden, und wir werden nicht länger von irgendjemand bevormundet. Man muss den Informationsfluss verbessern und Schulungen durchführen, und warum nicht, Besuche von anderen Kollegen zum Austausch über die jeweiligen realen Situationen. So weiß z.B. ein Arbeiter sehr gut, wie lange er an der Maschine steht, wie er produziert, und über dies und das. Für mich ist das eine Information. Die Initiative für eine Zeitung »Informations ouvrières« (Zeitung der unabhängigen Arbeiterpartei in Frankreich) scheint mir ein sehr wichtiger Hebel zu sein, um unsere Mitglieder zu informieren.
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- Diese Verträge, die von allen Lehrergewerkschaften unterschrieben wurden, dienten einem bestimmten sozialen Frieden. Die Gewerkschaften verpflichteten sich, für keine Forderungen zu kämpfen, um der Regierung eine Atempause zu geben.
- 60.000 Franc CFA sind ca. 90 Euro. Seit dem Interview haben die Lehrer gewonnen, und der Mietzuschuss müsste jetzt auf 100.000 Franc CFA (150 Euro) steigen.
- Das sind 300 Euro.
- Khalifa Sall war Mitglied der Sozialistischen Partei, die in der Präsidentenkoalition vertreten ist. Nach seinem Kampf in der Partei für einen anderen Kurs wurde er schließlich im Dezember 2017 ausgeschlossen.
- Die Parlamentswahlen fanden im Juni 2017 statt und brachten den Sieg der Regierungskoalition.
6 .Die CNTS war die Ende der 1960er Jahre gegründete Einheitsgewerkschaft im Senegal: Im Rahmen der Politik der „verantwortungsvollen Mitbestimmung“ wurde die Gewerkschaft in die Sozialistische Partei, die Staatspartei unter Senghor, integriert.
† Baïdy Mar war im USDS für das Bildungswesen verantwortlich. Er ist nach dem Interview gestorben. Die USDS-Kollegen haben sich gewünscht, dass seine Ausführungen abgedruckt werden. Wir entbieten ihnen unser Beileid.
(Das Interview erschien in »Informations ouvrières« (Zeitung der unabhängigen Arbeiterpartei in Frankreich), Nr. 508, Juni 2018)