Vorbemerkung:
Am 17. Juli hat Pedro Sanchez, der neue Präsident von Spanien, in einer Rede im Parlament neben den Bemühungen um die Lösung der katalanischen Frage eine „soziale Wende“ angekündigt. Darunter die Wiedereinführung der Rentenanpassung an die Inflation, eine der Forderungen in den großen Rentner-Demonstrationen in den letzten Monaten.
Als zweite Maßnahme hat er angekündigt, den Absatz 3 des Artikels 315 im Strafgesetzbuch zu streichen, der die Verfolgung von Gewerkschaftern wegen Streikteilnahme erlaubt.
In einer massiven Kampagne in der Arbeiterbewegung in Spanien, mit großem internationalen Echo, war die Aufhebung dieses Schandparagraphen und die Verteidigung der inhaftierten Gewerkschafter gefordert und eine internationale Kommission für diesen Kampf gebildet worden. Im Folgenden drucken wir die Erklärung der Kommission vom 18. Juli ab.
Pressemitteilung zur Information / Madrid, 18. Juli 2018
„Wir werden den Absatz 3 des Artikels 315 im Strafgesetzbuch über Straftaten in Verbindung mit der gewerkschaftlichen Freiheit streichen“. Das sind die Worte von Pedro Sánchez, dem Präsidenten der neuen Regierung, in einer Rede vor dem Parlament am 17. Juli.
Das ist zweifellos eine großartige Nachricht und ein Sieg der Mobilisierung in unserem Land wie auch international für die Verteidigung der Hunderte Arbeitnehmer, die gerichtlich belangt wurden, weil sie an Streikposten für Informationen teilgenommen haben. Es ist eine sehr wichtige Errungenschaft der Kampagnen „Der Streik ist kein Verbrechen“ und „Auch ich nehme an Streikposten teil“, die von den Gewerkschaftsbünden CCOO und UGT organisiert wurden, um die Arbeitnehmer und die Ausübung des Grundrechts auf Streik zu verteidigen. Und natürlich auch ein Erfolg aller politischen Kräfte, im letzten Jahr die Einbringung eines Gesetzentwurfs für die Streichung dieses 315.3 unterstützt haben. Indessen ist es der Mehrheit des Parlamentsbüros, das immer noch von der Volkspartei PP und Ciudadanos (zwei Varianten der gleichen harten Rechten, d.Üb.) kontrolliert wird, bis jetzt gelungen, diese Initiative zu blockieren.
Unsere Kommission möchte alle gewerkschaftlichen und politischen Organisationen darüber informieren und ihnen gegenüber ihre Gratulation aussprechen, die sich in mehr als 15 Ländern mithilfe des Internationalen Komitees gegen Repression (CICR) mit der Arbeiterbewegung in unserem Land solidarisiert haben. Und die sich über die spanischen Botschaften an die Regierung Rajoy gewandt haben, um die Einstellung der Prozesse wegen Streikbeteiligung zu fordern, sowie die Streichung des Artikels 315.3 im Strafgesetzbuch.
Man muss die Bedeutung all der Versammlungen und Kundgebungen betonen, die zu den Erfolgen vor Gericht geführt haben, wie z.B. zum Freispruch für die acht Kollegen von Airbus (in einer Variante, die nach spanischem Recht die Möglichkeit eines erneuten Prozesses unter derselben Anklage ausschließt, was traditionell in Spanien eigentlich möglich ist, d.Üb.). Gegen die Acht von Airbus waren 66 Jahre Gefängnis beantragt worden. Oder zum Erfolg des einstimmigen Freispruchs im Revisionsverfahren beim Obersten Gerichtshof in Madrid für die beiden Angeklagten im Fall La Lealtad.
Und man muss auch auf den großen Mut, die Haltung und Verteidigung ihrer Schuldlosigkeit und des Streikrechts von hunderten Gewerkschaftern in unserem Land hinweisen, die in zahlreichen Fällen unter Haftstrafen, Anklagen und Anträgen auf jahrelange Gefängnisstrafen oder auf hohe Geldstrafen bzw. Kautionen, in sich jahrelang hinziehenden Prozessen gelitten haben, verbunden mit dem unzweifelhaften „öffentlichen Verruf“, in den sie mit ihren Kollegen und Familien als Angeklagte geraten sind. Sie haben gemeinsam mit ihren Organisationen und dank der Solidarität diesen massiven Druck und die Erpressungen ausgehalten.
In diesen Tagen bemühen wir uns mit unserer Kommission um Unterstützung für einen Brief an die Generalsekretäre unserer Gewerkschaftsbünde, um sie zu fragen, ob wir uns nicht sofort an die neue Regierung Pedro Sánchez wenden müssen mit dem Ziel, die Streichung des 315.3 zu konkretisieren, auf die er sich verpflichtet hat, bevor er Regierungschef in Moncloa wurde. Die Streichung des 315.3 ist dringend, um das Streikrecht zu verteidigen und neue Androhungen von Gefängnis oder hohen Geldstrafen für Gewerkschafter zu verhindern, die an Streikposten für die Information teilnehmen.
An dem Tag, an dem Pedro Sánchez‘ seine Parlamentsrede hielt, konnten wir beim Streik der Amazon-Kollegen in San Fernando de Henares (Madrid) erleben, wie sich der Konzern verhält. Außerdem gab es den unverhältnismäßigen Polizeieinsatz, der die Arbeit eines Streikposten für die Information verhinderte. Die Polizei verletzte damit die Ausübung der Gewerkschaftsfreiheit und nahm zwei Kollegen fest. Am gleichen 17. Juli haben wir außerdem erfahren, dass ein Richter der Klage des Coca-Cola-Konzerns gegen Juan Carlos Asenjo, dem Vorsitzenden des Betriebskomitees, stattgab. Gegen ihn werden 2 Jahre 9 Monate Gefängnis beantragt, unter der Anklage von sogenannten „Ko-Aktionen“ während der Versammlung gegen die Entlassungen und die Schließungen des Coca-Cola-Werks Fuenlabrada. Das ist der fünfte Prozess gegen Asenjo seit dem Streik vor über vier Jahren.
Es ist wichtig, dass die Regierung endlich den Artikel 315.3 streicht und der Justizminister in den noch laufenden Prozessen die darauf gestützten Anklagen zurückzieht, so dass man die abgeschlossenen Prozesse mit Urteilen nach diesem Paragraphen für ungültig erklären kann.
Aus allen diesen Gründen ist es jetzt entscheidend, dass die Streichung so schnell wie möglich vollzogen wird. Es wird erwartet, dass die Regierung einen entsprechenden Gesetzentwurf im Parlament einbringt und vorher sowohl über seinen Inhalt als auch das Datum der Einbringung informiert.
Für die Kommission:
José Alcázar, Tomás Garcia y Enrique Gil, der 8 von Airbus; Rubén Ranz und José Manuel Nogales, der 2 von La Lealtad; Juan Carlos Asenjo, Leandro Pulido und Daniel Andrés, von „Kämpfende Coca-Cola-Kollegen“; Luis Diaz, Welt der Arbeit PCM; Pablo Roldán, Regisseur des Dokumentarfilms „No sólo ocho“ („Wir sind nicht nur Acht“); César Serrano, Gewerkschafter CCOO; Dori Martin, Gewerkschafter UGT; Juan de la Cruz und Alfonso Blanco, Gewerkschafter CCOO, U-Bahn Madrid; Alberto Barquero und Pablo Garcia-Cano, von den 4 von John Deere.
http://derogacionart3153.wixsite.com/endefensadelos300 / defensa300@yahoo.es