Zum Download: 008 IAV Briefe; Spendenaufruf: 008 IAV Briefe Spendenaufruf
In den letzten Wochen war die Weltlage geprägt dem Aufeinanderprallen der zerstörerischen Offensive des Kapitals auf Weltebene gegen alle von der Arbeiterklasse und den Völkern erkämpften politischen und sozialen Errungenschaften, und des Widerstands der Völker dagegen.
Auf der einen Seite gibt es die Revolution in Algerien, die über dieses Land hinaus Ausdruck der Bewegung der Völker in Brasilien, Hongkong usw. gegen die Barbarei ist, welche die Aufrechterhaltung des imperialistischen Herrschaftssystems erzeugt. So verkünden zahlreiche Transparente in Algerien in den Demonstrationen: „1962 haben wir das Land befreit, 2019 werden wir das Volk befreien.“ Das algerische Volk will dieses unterdrückerische, repressive Regime, das es den Krisenanforderungen des Weltmarktes unterworfen hat, verjagen.
Das Regime klammert sich mit Unterstützung der imperialistischen Mächte an die usurpierten Machtpositionen. Es unterdrückt die Demonstranten, es verhaftet Bürger und Kämpfer für die Menschenrechte und hat am 9. Mai Louisa Hanoune ins Gefängnis geworfen: wegen „Verschwörung für einen Regimewechsel“. Louisa Hanoune, d.h. die Generalsekretärin der Arbeiterpartei PT, die seit deren Gründung 1990 für die Demokratie und eine Verfassunggebende Versammlung kämpft, für die Liquidierung des Regimes und den Bruch mit der Unterordnung unter den Imperialismus.
Auf der anderen Seite steht das Kapital, das für sein Überleben die Demokratie mit Füßen tritt, die Völker zermalmt, ganze Regionen des Planeten plündert, die sozialen Errungenschaften vernichtet, besonders die aus der Nachkriegszeit nach 1945. In dieser Krisensituation versuchen die USA unter Trumps Führung sich von allen sogenannten multilateralen Verträgen aus dieser Zeit zu befreien. Sein Motto „America First!“ bedeutet „Nur Amerika vor allen anderen“. Deshalb hat er einen Kriegsprozess gegen Iran eingeleitet und nur zehn Minuten vorher die Bombardierungen des Landes gestoppt, um dann weitere Sanktionen zu verhängen, die das iranische Volk in Elend stoßen, bei Gefahr einer jederzeit ausbrechenden Explosion.
Genauso haben in Venezuela die Sanktionen und das Embargo in einer ausgefeilten Strategie das Land zersetzt, um sein Volk zu erwürgen.
Mexiko steht unter dem direkten Druck der eisernen Ferse der USA, die von seiner Regierung fordern, den Zustrom der Migranten zu kontrollieren, die von der imperialistischen Unterdrückung ganz Mittelamerikas in die Flucht getrieben wurden.
Afrika wird mit voller Wucht getroffen von der Kombination der Plünderung durch die internationalen Konzerne, die den Kontinent verwüsten, und der Ausweitung der ausländischen militärischen Interventionen und Kriege im Namen des Kampfes gegen den „Terrorismus“. Das führt zur Zerrüttung zahlreicher afrikanischer Staaten.
Diese Politik des Kapitals, diese Plünderungen, der Konkurrenzkampf zwischen den Großkonzernen führen zu Kriegen auf dem ganzen Planeten, welche die Nationalstaaten zu sprengen drohen. Die Herren des Finanzkapitals erwarten mit Schrecken den Ausbruch einer Weltwirtschaftskrise von ungeahnten Ausmaßen.
In dieser Situation löst Trump bei dem Versuch, die wirtschaftlichen und poliklinischen Machtpositionen der USA zu retten, unter dem Vorwand eines Handelskrieges gegen China den allgemeinen Handelskrieg aus, der seine europäischen „Verbündeten“ nicht verschont.
Auf allen Kontinenten und in allen Ländern suchen die Arbeitnehmer und Völker nach Mitteln und Wegen, sich zu verteidigen.
Die Revolution in Algerien ist der höchste Ausdruck der Ablehnung dieser weltweiten politischen Herrschaftsordnung durch die Völker. Und diese Ablehnung hat sich auch in unterschiedlicher Form in der Enthaltung von 50% der Wähler bei den Europawahlen gezeigt. Und wer zur Wahlurne gegangen ist, hat die alten rechten und linken Parteien abgewählt, die seit Jahrzehnten abwechselnd die gleiche Politik betreiben. Die Krise der Staaten und die fortschreitende Auflösung der Europäischen Union intensivieren sich heute.
Diese Ablehnung kam in Frankreich in der Bewegung der Gelbwesten zum Ausdruck. In anderer Form drückte sie sich im Generalstreik in Brasilien gegen die geplante Reform des Rentensystems aus, an dem sich Abermillionen Arbeiter beteiligten. Sie zeigte sich in Hongkong, wo Abermillionen demonstrierten und ein erstes Zurückweichen der chinesischen Bürokratie ´mit ihrem Gesetzentwurf zur Einschränkung der Freiheit erreichten.
Das ist ein wahrer Aufruhr, der alle Völker auf dem ganzen Planeten erfasst. Sie wollen nicht mehr die politischen Herrschaftssysteme akzeptieren.
Doch bestimmte Kräfte, die angeblich im Namen der Arbeitnehmer und Völker sprechen, wollen trotz der Erfahrungen in den letzten Jahrzehnten, diese Bewegung im Rahmen der Respektierung des Kapitalismus kanalisieren. Mit den gleichen Argumenten wollen sie im Namen der „politischen Sozialpartnerschaft“ die Gewerkschaften den Plänen zur Zerstörung der Arbeitererrungenschaften unterwerfen.
Die sich in Algerien entwickelnde Bewegung zur Wiederaneignung des Gewerkschaftsbundes UGTA gegen die nationale Führung, die in das alte System eingebunden ist, ist über den UGTA und Algerien hinaus Ausdruck einer Bewegung, die in den jeweils besonderen Formen eines jeden Landes in der Gewerkschaftsbewegung entsteht, um diese zu verteidigen und ihre Unabhängigkeit zu wahren.
Diese Fragen stellen sich allen Mitgliedern, Verantwortlichen und Organisationen, die die Arbeitnehmer und Völker verteidigen wollen: Wer kann im Namen der Verteidigung der Interessen der Arbeitnehmer und Völker handeln und sprechen? Das erste Treffen des IVK am 8.-9. Juni 2018 hatte eine Erklärung verabschiedet, in der besonders betont wurde (1):
„Damit stellt sich Notwendigkeit des Aufbaus einer authentischen politischen Arbeitervertretung, auf der Grundlage eines vollständigen Bruchs mit der Politik der Begleitung der Politik des Kapitals, d.h. einer authentischen politischen Arbeitervertretung, die sich für die Organisierung der Arbeiterklasse als Klasse einsetzt; in der Einheit der Arbeiterorganisationen gegen das Finanzkapital und die Regierungen in seinen Diensten.
Das IVK hat beschlossen, den Informationsaustausch ein-schließlich über die jeweilige Rolle der Parteien und Gewerkschaften in jedem unserer Länder fortzusetzen und zu vertiefen, d.h. den Austausch über die Erfahrungen in unseren Ländern, der notwendiger denn je ist.
Die vorliegende vom IVK verabschiedete Erklärung versteht sich als Beitrag zu dieser notwendigen Diskussion, um in der Überwindung der Krise der politischen Arbeitervertretung Fortschritte zu machen. Wir schlagen vor, dieses Dokument zu verbreiten, um diese Diskussion in jedem unsere Länder zu vertiefen und international zu verbreiten.
Das wäre ein ausgezeichneter Ausweis, um Kontakt mit allen aktuellen Regruppierungen für den Wiederaufbau der politischen Grundlagen einer authentischen Arbeitervertretung aufzunehmen.“
Ein Jahr später bestätigt sich für uns der Inhalt dieses Aufrufes. Die bisher noch nie erreichte Breite der Kampagne für die Freilassung von Louisa Hanoune beweist nicht nur deren Platz und den ihrer Partei, sondern auch den Platz und die Bereitschaft der Aktivisten und Organisationen, die an der Aktivität der IAV und des IVK teilnehmen.
In 80 Ländern haben nationale Gewerkschaftsbünde in Asien, Europa, Lateinamerika, Afrika, und sehr viele Gewerkschaftsverantwortliche und -mitglieder Stellung bezogen.
Und ebenso auf allen Kontinenten repräsentative Arbeiterparteien, hochrangige Politiker wie ehemalige Minister und Ministerpräsidenten, Abgeordnete, Senatoren. Selbst das portugiesische Parlament hat einen Aufruf zur Freilassung von Louisa Hanoune beschlossen.
Intellektuelle, Universitätsangehörige, Künstler, Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten haben ebenfalls Stellung bezogen.
Verteidiger der Menschenrechte und Mitglieder von Verbänden auf allen Kontinenten haben Louisa Hanoune unterstützt. Zigtausende Arbeitnehmer und Bürger haben die Kampagne für die Freilassung von Louisa Hanoune, die eine der beiden internationalen Koordinatoren der IAV ist, unterstützt. Die Wucht dieser internationalen Kampagne drückt einen starken Willen der Aktivisten, Verantwortlichen und Arbeitnehmer auf allen Kontinenten für die Ablehnung von Ausbeutung und Unterdrückung aus.
Wie es in der oben zitierten IVK-Erklärung außerdem hieß, schlagen wir vor, für die Fortsetzung dieser Diskussion und des gemeinsamen Handelns ein neues IVK-Treffen am 28.-30. November 2019 durchzuführen.
- Juli 2019
Internationale Koordination der Internationalen Verbindung der ArbeitnehmerInnen und Völker (IAV)
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(1) Das Internationale Verbindungskomitee (IVK) wurde am Schluss der Offenen Weltkonferenz gegründet, die unter der Leitung der IAV im Dezember 2017 in Algier stattfand.